Auswahl eines geeigneten Fernsteuerungs-Systems

Einleitung
Dieses Kapitel widmet sich Aspekten zur Auslegung einer geeigneten Fernsteuerung für den Unimog. Die Idee hinter diesem Kapitel ist recht simpel: Da ich relativ wenig Zeit für mein Hobby habe, gibt es immer wieder längere Pausen zwischen einzelnen Arbeitsschritten - ergo geraten gemachte Überlegungen schnell wieder in Vergessenheit. So habe ich mich mit Papier und Farbstiften hingesetzt, die gewünschten Funktionen aufgelistet und mit verschiedenen Farben die einzelnen Kanäle versucht zuzuordnen. (Nach der dritten Änderung habe ich dann doch Excel bemüht...).

Ich finde, dass sich diese Matrix auch ganz gut eignet um die (oft benötigten) Doppelbelegungen von z.B. Kreuzknüppelbelegungen (Bsp. Aufbaukran) zu definieren. Die einmal gemachten Überlegungen gehen nicht mehr "verloren", da die einzelnen Schritte immer wieder einfach nachvollziehbar sind.

Im Gegensatz zum Thema 'ANTRIEB' verzichte ich auf die Darstellung der Theorie, also wie eine Fernsteuerung funktioniert. Es gibt dazu genügend gute Fachliteratur und Internet-Quellen (Als Beispiel mögen die Erläuterungen auf www.mnop.de herhalten.)

Zu Beginn des Bauprojektes besass ich, mit Ausnahme einer betagten 4-Kanal Fernsteuerung, keinerlei Fernsteuerungskomponenten, die sich für den Unimog wiederverwenden liessen. Erst nachdem der Fahrzeugrahmen sowie einige Antriebskomponenten fertiggestellt waren, wurde ein neues FS-System angeschafft.

Eine späte Beschaffung stellt bei der Planung und ersten Bauabschnitten kein Hinderungsgrund dar, da beispielsweise Servo-Abmessungen aus Katalogen entnommen werden können und (mit wenigen Ausnahmen) unabhängig vom eingesetzten Hersteller sind.

Definition der Anforderungen und Auswahl eines Fernsteuersystem

Das Marktangebot an Fernsteuersystemen (FS-Systemen) ist relativ breit und erscheint unter Umständen unübersichtlich. Um die Auswahl auf ein überblickbares Mass herunterzubrechen, habe ich zu Beginn die Anforderungen formuliert und anschliessend bewertet. Dabei habe ich unterschieden in:
  • 1. Bestimmung der persönlichen Anforderungen/Präferenzen (Bsp. Preis, Hersteller, Händler gleich um die Ecke)
  • 2. Bestimmung der funktionalen Anforderungen (Bsp. 1 x Proportionalkanal für Geschwindigkeitsregelung)



Die anschliessende Bewertung kann unter verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen (Bsp. "Erfüllungsgrad der Anforderungen", "Kosten", etc.). In meinem Fall bin ich wie folgt vorgegangen:
  • 3. Bewertung der Anforderungen mit den Kriterien 'Soll'und 'Muss' (Bsp. Licht ein- und ausschalten = MUSS)


Da ein FS-System nicht beliebig viele Schalt- und Proportionalfunktionen unterstützt, muss mit diesen üblicherweise haushälterisch umgegangen werden. Eine Aufteilung in unterschiedliche Betriebszustände 'Stationär', 'Fahren' und 'Mischbetrieb' macht deshalb Sinn, da nicht alle Funktionen in allen Betriebszuständen nötig sind. Ein "Senderkanal" kann also jeweils eine unterschiedliche Funktionen pro Betriebszustand ausführen. Demnach folgt als nächster Schritt:
  • 4. Zuordnung des Einsatzgebietes 'Stationärer Betrieb', 'Fahrbetrieb' oder 'Gemischter Betrieb' (Bsp.: Die Funktion 'LENKEN' ist nur im Fahrbetrieb nötig, 'Hubwerk anheben' hingegen im gemischten Betrieb)

Nachfolgend sind die einzelnen Schritte detailliert beschrieben.

1. Persönliche Anforderungen:

Diese entwickelten sich im Grunde während dem Studium von Hersteller-unterlagen, wobei schnell festgestellt wurde, dass eine Vielzahl von FS-Systemen auf das Modellflieger-Umfeld zugeschnitten sind, also vor Modellflugzeug-spezifischen Funktionen nur so strotzen. Diese werden in den typischerweise mittels eines eingebauten Mikroprozessors erzeugt was sich wiederum im Verkaufspreis der FS-Systeme, scheinen jedoch im Umfeld von erdgebundenen Funktionsmodellen keinen wesentlichen Vorteil zu schaffen. Das anzuschaffende Fernsteuersystem sollte daher für meine Zwecke möglichst wenig Modellflieger-spezifische Funktionen aufweisen, da diese bezahlt, jedoch später ungenutzt bleiben würden.
Eine persönliche Präferenz war, dass das Fernsteuersystem genügend Raum für den Einbau von Eigenbaukomponenten (Bsp. spezielle Schalter für Gangschaltung, Lenkrad) aufweisen sollte und nach Möglichkeit seit einigen Jahren im deutschen Sprachraum weit verbreitet im Einsatz ist (Händlernetzwerk, Ersatz-und Erweiterungskomponenten, Um-und Einbauanleitungen auf dem Internet).

2. Funktionale Anforderungen:

Nach Möglichkeit sollte das FS-System Funktionen aufweisen, um die Servowege oder Drehrichtungen am Sender einzustellen (z.B. Justierung Getriebeschaltung, Lenkausschlag) sowie mehrere Servos zu "koppeln" - also eine Mischfunktion aufweisen

Liste_Funktionen
Tabelle 1: Funktionale
Anforderungen
(Bsp. Kopplung der Hydraulikventil-stellungen beim Ausleger eines Mähwerkes) sowie den Betrieb mehrere Modelle zulassen (Speicherung von Konfigurationen für Modell A, B, usw.).
Die für das Modell relevanten Funktionen habe ich tabellarisch und nach Funktionsgruppen aufgelistet (Tabelle 1).

3. Bewertung der Anforderungen:

Jeder der funktionalen Anforderung habe ich anschliessend mit den beiden Kriterien MUSS und SOLL bewertet. SOLL-Funktionen sind "nice to have", erhöhen jedoch den "Spielwert" nur marginal (Geschmäcker sind bekanntlich verschieden). Diese könnten also auch entfallen, sollten die dafür notwendigen Kanäle nicht vorhanden sein.

Anforderungen_Funktionen
Tabelle 2: SOLL-MUSS Funktionen
Beispiel anhand eines Ladekranes: Die Funktionen 'drehen', 'heben/ senken des Auslegers' sind ein MUSS, wohingegen Funktionen wie 'Stützen aus/ein-fahren', Arbeitslicht ein/ausschalten SOLL-Funktionen sind, also beispiels-weise auch manuell betätigt werden könnten.
In nebenstehender Tabelle 2 sind den einzelnen Anforderungen die SOLL-und MUSS-Kriterien zugeordnet. (Für grössere Darstellung, Tabelle anklicken)

Ein erstes Ergebnis der Auflistung war, dass eine Vielzahl von proportionalen Funktionen ("Kanälen") erforderlich sind, welche zudem noch mittels Kreuzknüppel bedient werden sollten. Von diesen gibt es typischerweise nur zwei pro FS-System. (Aus diesem Grund ist eine Funktion für die Umschaltung der Betriebszustände 'Fahren' und 'Stationär' in die Anforderungsliste aufgeführt.)

4. Zuordnung er Einsatzgebiete:

Der Unimog sollte als zukünftiges "Spielzeug" nicht nur beim Fahren Freude machen, sondern auch als Trägerfahrzeug für Stationärarbeiten (Bsp. Kranarbeiten) zum Einsatz gelangen. Das bedeutet, dass nicht in jeder Situation alle Funktionen benötigt werden und eine Mehrfachbelegung der beschränkten Anzahl Fernsteuerkanäle wünschenswert sein kann. Aus diesem Grund werden, wie bereits erwähnt, die funktionalen Anforderungen den Einsatzgebieten zugeordnet (Tabelle 3) und zwar für folgende Einsatzgebiete:
  • Reiner Fahrbetrieb (Bsp. Strecke von A nach B zurücklegen)
  • Rein stationärer Betrieb (Bsp. Arbeiten mit Ladekran)
  • Gemischter Fahrbetrieb (Bsp. Arbeiten mit Schneepflug)
Nebst der Zuordnung der einzelnen Funktionen nach deren Einsatzgebiete erfolgte im gleichen Schritt welche Funktionen entweder proportional (P) oder geschalten (S) ausgeführt werden sollten und - der besseren Übersichtlichkeit wegen - zusätzlich mit Nummern indexiert.
Die Schaltfunktionen habe ich zudem noch unterteilt in 'Ein-Aus' (Bsp. Scheinwerfer) und 'Links-Mitte-Rechts' (Bsp. Stütze ein- und ausfahren).
Zuordnungen_Funktionen
Tabelle 3: Zuordnung Einsatzgebiete
Dies erfolgte mit Seitenblick auf die im Handel angebotenen FS-Systeme, welche optional nachträglich mit "Schaltmodulen" ausgerüstet werden können und mit 2 und 3 stufigen Schaltern resp. Tastern ausgestattet sind. Somit macht es Sinn, bereits an dieser Stelle festzustellen, welche Funktionen zweistufig (1-0) oder dreistufig (1-0-1) ausgeführt werden sollen.

5. Bestimmung möglicher Doppelbelegungen:

In Tabelle 3 erkennt man bereits, dass gesamthaft 12 Proportionalkanäle (P1-P12) sowie 16 Schaltkanäle (S1-S16) gewünscht sind. Von den 12 Proportionalkanälen sollten zudem deren 9 mittels Kreuzknüppel bedient werden.
Wie erwähnt stellen handelsübliche FS-Systeme typischerweise nur 4 über Kreuzknüppel bedienbare Proportionalkanäle zur Verfügung. Ebenfalls ist bei den meisten FS-Systemen mittlerer Preiskategorie bei etwa 8 Proportionalkanälen das Ende der Fahnenstange erreicht. Dank der in Tabelle 2 erstellten Zuordnung von Betriebszuständen zu den einzelnen Funktionen ist es nun einfach, diejenigen Funktionen festzustellen,
welche doppelt belegt werden können - also im Stationärbetrieb eine andere Funktion übernehmen als im Fahrbetrieb wie in Tabelle 4 ersichtlich.
Anmerkung:
Grundsätzlich gehört auch P2 zur Gruppe 'Fahren' (F), jedoch würde dann die (momentan ungenutzte Zapfwelle) im Stationärbetrieb nicht mehr zur Verfügung stehen, dehalb fungiert diese Funktion ebenfalls unter der Gruppe 'Gemischt' (G)
.

xxxxxxxxxxxxxxx
Tabelle 4: Mögliche Doppelbelegungen
Vorgehensvorschlag zur einfachen Auswahl:
1) Alle Funktionen mit Betriebszustand 'F' oder 'S' hervorheben (grün hinterlegt in Tabelle 4)
2) Alle Kanäle auf Funktionsplätzen (FP) hervorheben (blaue Schrift in Tabelle 4)
3) Alle Kanäle auf Kreuzknüppelplätzen (KK) hervorheben (rote Schrift in Tabelle 4)
Nun heisst die Frage: Welche "Kreuzknüppel-Kanäle" und welche "Funktionsplatz-Kanäle" mit Einsatzgebiet 'F' können beim Einsatzgebiet 'S' verwendet werden (=Doppelbelegung)?
Die Antwort ist in den beiden Tabellen 4.1 und 4.2 zu sehen. Eine Doppelbelegung ist in diesem Fall nur bei den "Kreuknüppel-Kanälen" möglich. Bei den Funktionsplatz-Kanälen gibt es diese Möglichkeit nicht. Kanäle mit Doppelbelegung erhalten eine dieselbe Nummerierung wie Ihre "Zwillinge" und zusätzlich einem Suffix 'b' (Bsp. 6b).

Detail
Tabelle 4.1: Doppelbelegung Funktionsplätze

Detail
Tabelle 4.2: Doppelbelegung Kreuknüppelplätze
Was noch verbleibt, ist die Bestimmung, wieviele Proportional- und Schaltkanäle nun wirklich notwenig sind und wieviele davon jeweils die Kriterien MUSS und SOLL aufweisen.
Auch dies ist einfach nachvollziehbar, indem man die in Tabelle 2 definierten MUSS/SOLL-Kriterien quasi über die Tabelle 4 legt wie in Tabelle 5 gezeigt.

Fazit
Tabelle 5:Bestimmung Schalt-und Proportionalkanäle
In Tabelle 5 ist zudem ersichtlich, weshalb man im letzten Schritt die Nummerierung der doppelt belgten kanäle geändert hat, da die höchste Nummer der maximal benötigten Anzahl Kanäle des jeweiligen Typs entspricht.

Fazit:

Das zukünftige FS-System muss gemäss Tabelle 5 folgende Eckdaten aufweisen:
  • Total 9 Proportionalkanäle, davon 9 MUSS und 0 SOLL.
    Belegung: 6 bedienbar mittels Kreuzknüppel (Doppelbelegung!) und 3 mittels Funktionsplätzen
  • Total 16 Schaltfunktionen, davon 5 MUSS und 11 SOLL.
    Belegung: Alle bedienbar über Funktionsplätze

Wahl eines Fernsteuersystems

Zu Beginn des Jahres 2002 gab es Systeme von zwei Herstellern, welche meine Kriterien erfüllten: Robbe und Graupner (Mutliplex ab 2003).

Ich habe mich für eine Robbe-Futaba FC-16 entschieden da bei diesem System die Mehrzahl der Anforderungen abgedeckt sind. Als zusätzliche Komponenten wurde ein Multi-Switch-Prop 12+2 -Decoder mit Memoryfunktion (1-8370) mit dazu passendem Multi-Switch-Prop 12+2 -Modul (1-8101) für den Sendereinbau angeschafft, welche über einen Proportionalkanal des 8-Kanal-Empfängers (F-118F) 12 Schaltfunktionen und 2 zusätzliche, proportionale Kanäle zur Verfügung stellt. (Denselben Decoder gab/gibt es auch ohne die Memoryfunktion. Diese sorgt dafür, dass die gewählte Funktion solange erhalten bleibt, bis man diese erneut anwählt.)
Gemäss Tabelle 5 "fehlen" in der gewählten Senderbestückung vier Schaltkanäle. Diese könnten mittels einem zusätzlichen Multi-Switch Modul noch nachgerüstet werden. Da jedoch nur deren fünf "MUSS-Kanäle" sind, lasse ich mir erstmal Zeit mit der Nachrüstung bis das Modell weiter gediehen ist.
Zusammenfassend stehen mit diesem FS-System folgende Funktionen ("Kanäle") zur Verfügung:
  • 9 Proportionalkanäle (Empfänger bietet total 8, davon 1 belegt für Decoder, der nebst den Schaltkanälen 2 zusätzliche Proportionalkanäle bietet)
  • 12 Schaltkanäle auf Funktionsplätzen
  • Genügend Raum für den Einbau von selbst gebauten Steuerungskomponenten (Bsp. Steuerrad, Stufenschalter für Schaltgetriebe)

Mit dem Kauf eines einbaufertigen Sendermoduls (Bsp. Multi-Switch-Modul) "erkauft" man sich eine vorgegebene Funktionsweise der eingebauten Schalter, die unter Umständen nicht jedermanns Bedürfnisse abdecken. Alternativ können derartige Multi-Switch-Module auch von anderen herstellern oder im Eigenbau erstellt werden (Anleitungen finden sich einige im Internet).
Da Schaltfunktionen in meinem Fall eher niedrige Priorität haben, passe ich meine Bedürfnisse an die Vorgaben des Multi-Switch-Moduls an. Im nachfolgenden Kapitel habe ich versucht, die in der Anforderungstabelle definierten (resp. gewünschten) Funktionsbelegungen auf die vom FS-System vorgegebenen Belegungen zu übertragen.

Planung einer möglichen Belegung

Wie in Tabellen 1-5 ersichtlich, benötigt der zukünftige Kran alle Kreuzknüppel für dessen Bedienung. Als Nicht-Fachmann für Kräne, Bagger und dergleichen bin ich auf dem Web über die sog. Eurosteuerung "gestolpert", welche offensichtlich bei einer Mehrzahl von Vorbildern zum Einsatz gelangt. Ich interpretiere besagte 'Eurosteuerung' als eine Art Normierung und entschied, diese nach Möglichkeit auch beim Modell zu verwenden.

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Bild 1: Belegung Euro-Steuerung
Nebenstehende Skizze zeigt das Layout einer Eurosteuerung auf zwei Kreuzknüppel verteilt. (Die Information zur Belegung stammt vom Internet. Ich gehe von deren Richtigkeit aus...)

Der zukünftige Kran oder Aufbaubagger sollte in etwa folgende, in nebenstehendem Bild 2 dargestellten, Funktionen ausführen können.
Die Belegung der Funktionen 'Greifer drehen' und 'Hilfsausleger ein/ausfahren' sollen mittels Schalter (1-0-1) bedient werden. Eine proportionale Ansteuerung wäre natürlich auch eine Alternative.

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Bild 2: Belegung 'Stationär'

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Bild 3: Belegung 'Fahren'
Dasselbe "Spiel" habe ich auch für den gemischten Betrieb skizziert (Bild 3). Für das Front- und Heckhubwerk (P5b,P7b) sehe ich keinen gemeinsamen Einsatz vor, das bedeutet, dass durch manuelle Einstellung (Bsp. Verteilerventil in den Hydraulikzuleitungen) entweder der Front- oder der Heckkraftheber in Betrieb ist. Die Belegung ändert sich demzufolge nicht.

Allgemeine Schaltfunktionen wie z.B. für die Beleuchtung habe ich zusätzlich separat skizziert. Die Ansteuerung der Richtungsanzeiger (Blinker) werde ich wie beim Vorbild realisieren und nicht automatisch mit der Stellung der Vorderräder (Lenkservo). Zu diesem Zweck soll eine mechanische Lösung im Zusammenhang mit dem Steuerrad im Sendergehäuse eingebaut werden.

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Bild 4: Belegung weitere el. Verbraucher
Soviel zur Planung der Belegung. Die zur Umsetzung notwendigen Gedanken wie beispielweise zum Einsatz eines geeigneten Fahrtreglers (Drehzahl-stellers) oder zur eigentlichen "Elektrifizierung" des Modells finden sich dann zu einem späteren Zeitpunkt in einem separaten Kapitel (ca. Frühling/Sommer 2005).