Theoretische Grundlagen des Gleichstrom-Elektromotors
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Anmerkung zu diesem Kapitel
Sollten sich im Leserkreis dieser Homepage Physiker "der
klassischen Sorte", Ingenieure des technischen Elektromaschinenbaus
oder artverwandte befinden, so dürfte für Sie nichts Neues
in diesem Kapitel stehen :-)
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Einleitung
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Bevor man zum Funktionsprinzip eines Gleichstrommotors
gelangt, macht es Sinn, ein paar Worte über die physikalischen Grundlagen
des (Elektro-)Magnetismus zu betrachten. Ohne Magnetismus, kein Elektromotor,
keine Transformatoren, keine Generatoren; sprich, mit grosser Wahrscheinlichkeit
wäre nichts so wie es heute ist. Im 19. Jahrhundert wurden zuerst Batterien
als Energielieferanten verwendet und die ersten Gleichstrommaschinen gelangten
zum Einsatz. Erst im 20.Jahrhundert verdraengten Wechselstrommaschinen (Motoren
sowie Generatoren) die Gleichstrommaschinen. Eines blieb jedoch gleich -
die Verwendung der physikalischen Effekte von Magnetfeldern. Interessanterweise
hat bis heute noch niemand ein Magnetfeld gesehen, wir koennen bloss deren
Wirkung sichtbar machen. Die Physik hat schon sehr frueh mathematische Modelle
hervorgebracht, mit welchen sich die Auswirkungen recht gut berechnen lassen.
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1. Grundlagen zu Magnetismus & Elektrizität
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Magnetfelder haben die Eigenschaft, Kräfte auf bewegte Ladungsträger in einem Leiter (also auch in Gasen) auszuüben. Ladungsträger bewegen sich jedoch nur,
wenn man Sie dazu "antreibt", also Energie zuführt.
Fliesst Strom durch einen Leiter, so bewegen sich dessen Ladungsträger. Befindet sich dieser Leiter in einem (möglichst homogenen) Magnetfeld, so wirkt die sogenannte Lorenzkraft auf jeden der einzelnen Ladungsträger. Stellen wir
uns die Ladungsträger als kleine Kugeln vor, die sich, aufgereiht wie auf einer Perlenkette, innerhalb des Leiters bewegen und auf jede Kugel besagte (Lorenz-)Kraft wirkt, addieren sich diese "Einzelkräfte" zu einer "Gesamtkraft", welche auf diesen Leiterabschnitt wirkt.
Umgekehrt erzeugt ein stromdurchflossener Leiter (also die Bewegung der Ladungstraeger), das sich um diesen Leiter ein kreisförmiges Magnetfeld aufbaut. (Wir merken uns diese Aussage fuer spaeter!)
Die Lorenzkraft wirkt orthogonal zur (sog. technischen) Stromrichtung und der Richtung des Magnetfeldes (sog. Wirkrichtung der Feldstärke).
Eine einfache Methode zur Bestimmung der Richtung der Lorenzkraft ist die sogenannte "Rechte-Hand-Regel" wie in der folgenden Grafik dargestellt.
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Bild1: (Quelle: Universität Ulm)
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Die
Idee der 'Rechten-Hand-Regel' ist, eine der Richtungen dieser
Grössen zu bestimmen. Also typischerweise ist die Richtung des
Stromflusses (Ladungsträger die sich mit der Geschwindigkeit
[v] bewegen), sowie die Richtung des Magnetfeldes [H] bekannt.
Der Zeigefinger zeigt dann in der in Bild 1 dargestellten Handstellung
in die Richtung der (Lorenz-)Kraft [F]. Dies ist eine gute "Eselsbrücke",
welche uns spaeter wieder an die drei Einflussgrössen erinnern
lässt. In Worten ausgedrückt: |
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Auf Ladungsträger, die sich mit der Geschwindigkeit [v] in einem Magnetfeld [H] bewegen, wirkt eine Kraft [F].
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Bild 2: (Quelle: Author)
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Ein stromdurchflossener Leiter erzeugt ein kreisförmiges Magnetfeld um sich selbst. Bringen wir diesen stromdurchflossenen Leiter in ein weiteres Magnetfeld ein (Bsp. zwischen ein Hufeisenmagnet),
so kommt es zu einer Überlagerung der beiden Magnetfelder wie im Bild 2 zu sehen ist. Weisen beide Felder in dieselbe Richtung (rechte Bildhälfte), kommt es zu einer Addierung
der beiden Kräfte. Weisen beide Felder in entgegengestzte Richtungen, so subtrahieren Sie sich entsprechend (Linke Bildhälfte).
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Dies hat zur Folge, dass sich der stromdurchflossene Leiter in die Richtung bewegen wird,
in welche die grösseren Kräfte wirken, in unserem Beispiel also nach links - im Volksmund spricht man von 'abstossen'.
Wir stellen fest, dass diese Ablenkungskraft - die Lorenzkraft - verantwortlich dafür ist, dass sich ein stromdurchflossener
Leiter in einem Magnetfeld bewegt und Grundlage für die Funktion eines Gleichstrommotores ist. (Gilt im übrigen auch
für Wechselstrommotoren.) Der nachfolgende Abschnitt behandelt den Aufbau von Gleichstrommotoren.
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2. Aufbau eines Gleichstrommotors
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Der Gleichstrommotor ist eine sogenannte Aussenpolmaschine,
d.h. im Magnetfeld der Permanentmagneten ist eine sich drehende Leiterschleife
gelagert. Vereinfacht man diesen Aufbau auf das Wesentliche, so besteht
der Gleichstrommotor aus zwei grundlegenden Bauteilen: Erstens aus einem
Hauptmagneten (Permanentmagneten), der am Ständer (Stator) befestigt
ist. (Anstelle von Permanentmagneten kann ein Magnetfeld auch elektrisch
erzeugt werden. Dabei sind dann am Stator sogenannte Erregerwicklungen
(Spulen) angebracht.) Zweitens aus der Leiterschleife, dem sogenannten
Anker (auch Rotor genannt), an dessen Ankerkern (meist aus geschichteten
Blechen bestehend) die Ankerwicklungen aufgebracht sind. Im Modellbausektor
treffen wir praktisch ausschliesslich auf Gleichstrommotoren mit Permanentmagneten.
Ob mit Permanentmagneten, oder mit Erregerspulen ausgestattet; beide Konstruktionen
bezeichnet man als fremderregte Gleichstrommotoren.
Der Gleichstrommotor der untenstehenden Animation ist ein sogenannter zweipoliger Gleichstrommotor mit der Polpaarzahl p = 1.
(Nord- und Südpol sind die sog. 'Feldkomponenten' eines Magneten = 1 Pol-Paar).
Der abgebildete Anker ist ein sogenannter Doppel-T-Anker. Dies ist die einfachste
Bauform, welche für einen Anker einer Gleichstrommaschine möglich ist. Den Namen hat
er von seiner Form erhalten, die an zwei zusammengesetzte "T`s " erinnert.
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Bild 3: (Quelle: Gymnasium Donauwörth)
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Die Anfänge und Enden der Ankerspulen
sind an die Lamellen des Kommutators (auch Stromwender, oder Kollektor genannt)
angeschlossen (in Animation gelb dargestellt). Der Kommutator muss also
pro Wicklung, die sich am Anker befindet, je zwei Lamellen (Kupfersegmente)
aufweisen. Die Lamellen sind durch Zwischenlagen (Bsp. 'Mikanit') voneinander
isoliert und bilden in ihrer Gesamtheit den zylinderförmigen Kommutatorbelag.
Die Stromzufuhr in der Ankerwicklung erfolgt typischerweise über Kohlebürsten
(in der Animation durch kleine Rechtecke dargestellt), die mit dem rotierenden
Stromwender einen Gleitkontakt geben und so die Spulen mit Strom versorgen.
Kohle ist ein relativ guter elektrischer Leiter, welcher zudem schmierende
Eigenschaften aufweist, indem kleine Kohlepartikel von der Kohlebürste abgeschliffen
werden und sich auf der Kollektoroberfläche als Gleitmittel ansammeln.
Kommutator und Bürsten kann man auch als einen mechanischen (Um-)Schalter
verstehen, der beim Durchgang des Kollektors durch den Totpunkt (sog. 'Nulldurchgang')
die Stromrichtung umkehrt.
Der Ständer (in der Animation nicht gezeigt!)
stellt den gesamten äusseren Teil des Motors dar.
Der Ständer ist gleichzeitig auch der sogenannte 'Jochring',
der den magnetischen Rückschluss der Hauptpole garantiert.
Die "austretenden" magnetischen Feldlinien "treten" dort wieder "ein" - Magnetische
Feldlinien bilden immer einen geschlossenen Kreislauf.
Die Feldlinien, welche in typischen Darstellungen stets vom Nordpol zum Südpol zeigen,
haben in Wirklichkeit keinen Anfang und kein Ende, man kann sich vielmehr
vorstellen, dass sie nach Erreichen des Nordpols wieder zum Südpol zurückkehren;
allerdings beschreiben sie dabei nicht denselben Weg. Den "Rückweg" nehmen sie
nämlich über den Ständer des Motors, um zum "Ausgangspunkt" (= Nordpol) zu
gelangen.
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Beim nebenstehenden Photo eines aufgeschnittenen Industrie-Gleichstrommotors lassen sich die einzelnen Ankerteile (Dunkelgrau) mit den jeweiligen Wicklungen dazwischen erkennen. Die Stromzufürung zu den Wicklungen geschieht ueber Schleifkontakte (verdeckt in weissen
Kunststoff-halterungen, rechts)
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Bild 4: (Quelle: http://www.elektromotoren.de)
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3. Funktionsweise eines Gleichstrommotors
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In Abschnitt 1 haben wir die physikalischen Grundlagen verstehen gelernt und in Abschnitt
2 den generellen Aufbau von Gleichstrommotoren behandelt.
Zur Wiederholung: Ein Gleichstrommotor setzt sich im Prinzip aus einem feststehenden Stator, an dem die
Permanentmagnete angebracht sind und einem rotierenden Anker,
zusammen. In der untenstehenden Grafik sind die Pole des Feldmagneten durch N =
Nordpol und S = Südpol gekennzeichnet. Der Anker, der sich im Luftspalt des
Feldmagneten dreht, wird in der Abbildung mittels eines Balkens und zweier
Kreise dargestellt, die in a) die beiden Spulenhälften der
Ankerwicklung und in b), c) und d) die jeweilige Stromrichtung
symbolisieren sollen. Das bereits in Abschnitt 1) erwähnte, 'elektrodynamische Gesetz'
besagt, dass auf eine stromdurchflossene Leiterschleife im
Magnetfeld die sich Kraft [F] abhängig vom Strom [I] und der magnetischen Feldstärke [B] ist. Ausserdem konnten wir in Bild 2 erkennen,
dass ein stromdurchflossener Leiter von einem kreisförmigen Magnetfeld umgeben
ist. Kombinieren wir nun das Magnetfeld des Feldmagneten mit dem Magnetfeld der
Leiterschleife, so können wir eine Überlagerung der beiden Felder sowie eine
daraus resultierende Kraftwirkung feststellen.
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Bild 5: (Quelle: Gymnasium Donauwörth)
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In Bild 5a) erkennt amn, dass der Anker
parallel zu den Feldlinien ausgerichtet ist. Die Ankerwicklung setzt sich aus
zwei Spulenhälften zusammen, die als Kreise am jeweiligen oberen und unteren
Ende des Ankers dargestellt sind. Legen wir nun eine
Gleichspannung an die beiden Enden der Ankerwicklung (Bild 5b), können wir
uns vorstellen, dass die bewegten Ladungsträger (lies: "Stromfluss") in die untere Spulenhälfte
hineinfliessen (Kreis mit Punkt) und aus der oberen Spulenhälfte wieder
herausfliessen (Kreis mit Kreuz). Wir erinnern uns daran, dass jede stromdurchflossene Spule
ein eigenes Magnetfeld entwickelt und es dabei zu einer Überlagerung des Magnetfeldes des Permanatmagneten (sog. 'Erregerfeld')
mit dem Magnetfeld der unteren Spulenhälfte und dem Feld der oberen Spulenhälfte kommt.
Die Feldlinien des Permanentmagnetfeldes sind immer gleich gerichtet, sie zeigen stets
vom Nord- zum Südpol. Die Felder der beiden Spulenhälften hingegen, in Bild
5b) durch Kreise mit je einem Pfeil dargestellt, haben entgegengesetzte
Richtungen. Betrachten wir in Bild 5c) die untere Spulenhälfte, so sehen
wir, dass auf der linken Seite des Feldes der Spulenhälfte die Feldlinien von
Erregerfeld und Spulenfeld die gleiche Richtung aufweisen.
Es ist dargestellt, wie es auf dieser Seite zu einer Verdichtung (=Überlagerung) der Feldlinien kommt (Wir erinnern uns an Abschnitt 1),
sodass es zu einer Kraftwirkung in Richtung des verminderten
Feldbereichs (in Bild 5c), d), e) durch weisse Pfeile dargestellt)kommt.
Bild 5d) zeigt denselben Effekt bei umgekehrter Stromrichtung (= Umkehrung der Drehrichtung)
Aufgrund dieser Kraftwirkung in die jeweils entgegengesetzte Richtung am unteren und am
oberen Ende des Ankers entsteht ein Drehmoment, welches wiederum
eine Rotationsbewegung des Ankers verursacht. Bild 5e) stellt die
Kraftwirkung auf einen sog. Trommelanker dar. (Trommelanker werden oft bei handelsüblichen
Gleichstrommotoren eingesetzt.) Wir erkennen, dass dieser Anker
nicht nur eine Leiterschleife bzw. Ankerwicklung aufweist, sondern gleich
mehrere. Demzufolge vergrössert sich auch die Kraftwirkung auf den Anker sowie das von
ihm abgegebene Drehmoment. Zusammenfassend stellt man fest:
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Bei Gleichstrommotoren wird das Drehmoment also
durch das Zusammenwirken von Ständermagnetfeld und Ankermagnetfeld
gebildet. Die Stärke des durch die Ankerwicklung fliessenden Stromes [I]
ergibt die Stärke der um jede Ankerwicklung erzeugten Magnetfelder [H] der Ankerspule.
Die Gesamtheit dieser Magnetfelder erzeugt das besagte Anker(magnet)feld. Dieses
bewirkt eine Kraft [F] auf die Ankerleiter und ein Drehmoment [M] stellt sich ein.
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4. Ankerkonstruktionen
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Elektromomtoren
mit einem, wie im Bild 3 geizeigten, Doppel-T-Anker haben einen gravierenden
Nachteil: Sie sind nicht sebstanlaufend und zwar genau dann, wenn sich die
Kommutatorbürsten im sog. Totpunkt befinden (= kein Stromfluss möglich).
Gleichstrommotoren mit 'Dreifach-T-Anker' (siehe Bild 6) können aus jeder
beliebigen Position anlaufen, da die Magnetpole des Ankers so entstehen,
dass sich die Kräfte auf die Ankermagnetfelder nicht selbst aufheben können
und der Anker immer derart zum Stillstand kommt, dass ein Kontakt der Kommutatorbürsten
mit dem Kollektor stattfindet. Wie schon der Name vermuten lässt, besteht
der Dreifach-T-Anker aus drei T-förmigen Teilen, um die jeweils eine Spule
gewickelt ist. Der Kollektor ist mit drei Segmenten (Lamellen) belegt, dargestellt
als orange, blaue und gelbe Kreisbögen. An jede Lamelle sind dabei
je ein Spulenanfang bzw. ein Spulenende zweier benachbarter Wicklungen angebracht.

Bild 6: (Quelle: Gymnasium Donauwörth)
Grundsätzlich ist zur Auslegung der Ankerkonstruktion (Polpaarzahl) folgendes zu bemerken:
Die Kraftwirkung auf den Anker ist Abhängig von der Stellung der jeweiligen Ankerspulen, da die Richtung des Ankerfeldes
sich ja mit der Drehbewegung zum fixen Hauptfeld ändert; also die Kräfte ständig zu- und wieder abnehmen bei jeder "Dritteldrehung" (beim dreiteiligen Anker).
Haben Sie einen Billigmotor der "Marke Fernost" in Ihrem Modell, macht sich dies vor allem bei geringen Motordrehzahlen bemerkbar als mehr oder weniger
starkes Ruckeln. Verwenden Sie jedoch einen höherwertigen Motor mit einer "feineren Unterteilung", also mit höherer Polpaarzahl, so werden Sie auch bei niedrigen Drehzahlen
Freude an konstanter, ruckelfreier Drehmomentabgabe haben.
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5. Bürstenfeuer und deren Ursache
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Da sich während der Kommutierungszeit der magnetische Fluss innerhalb der
Ankerwicklung ändert, wird in den Wicklungen eine sogenannte Stromwendespannung
induziert. Diese Stromwendespannung setzt sich aus zwei Anteilen zusammen:
Der Ankerfeldspannung und der Reaktanzspannung. Die Ankerfeldspannung
entsteht durch das Umpolen des Ankerfeldes, die Reaktanzspannung
durch das Umpolen des sog. Streuflusses der kommutierenden Spule.
(Als Streufluss werden jene Feldlinien bezeichnet, die nicht den rotierenden
Anker durchsetzen.)
Die Stromwendespannung verzögert den Stromwendevorgang, welcher jedoch nicht
verzögert werden darf, solange die kommutierende Spule über die Bürste kurzgeschlossen
ist. Ist dies der Fall, so kann zwischen der Bürste und dem ablaufenden
Kommutatorsegment ein sogenannter Lichtbogen entstehen (also z.B. wie beim
Elektro-Schweissen). Dieser Lichtbogen wird als Bürstenfeuer bezeichnet.
Er beschädigt auf Dauer die Bürsten und die Kollektoroberflächen und führt
auch zu Funkstörungen in unserem Empfänger (und anderen Elektrogeräten).
Um diese schädigende Wirkung der Stromwendespannung zu unterbinden, werden,
üblicherweise bei Industriemotoren höherer Leistung, auf der Höhe des
Nulldurchgangs sogenannten Wendepole (kleine Wicklungen, am Stator fixiert)
angebracht. Derartige Elektromotoren sind praktisch immer mit Erregerwicklungen
ausgestattet (also ohne Dauermagnete). Besagte Wicklungen der Wendepole
werden vom Ankerstrom (sprich: "Motorstrom") durchflossen und erzeugen
dadurch ein sog. Wendefeld, welches das Ankerfeld in der Wendezone aufhebt
und in den kommutierenden Leitern (also in die Wicklungen, welche für
einen sehr kurzen Moment ohne Stromfluss sind) eine Gegenspannung induziert.
Diese Spannung ist etwa gleich gross wie die Reaktanzspannung, dieser
aber entgegengesetzt, so dass es zu einer Art "Auslöschung" der
beiden entgegengerichteten Spannungen kommt.
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6. Statische und dynamische Grössen
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Elektromotoren werden auch als elektrisch-mechanische Energiewandler bezeichnet,
da es einen Zusammenhang zwischen den elektrischen Grössen und mechanischen
Grössen gibt. Ohne näher darauf einzugehen, setzt sich die sogenannte Leistungsbilanz
aus zwei Teilen zusammen: Ein Leistungsanteil wird nur in (sog. 'Joulsche')
Wärme umgesetzt, ein weiterer ist für die Erbringung der mechanischen Leistung
verantwortlich. Diese mechanische Leistung setzt sich ihrerseits wieder
aus zwei Komponenten zusammen: Zum einen aus der Leistung, die benötigt
wird um die Lager- und Lüfterreibung des Motors zu überwinden, zum anderen
aus der eigentlichen Arbeitsleistung für den Betrieb der an den Motor gekoppelten
Arbeitsmaschine. Es ergibt sich für die Leistungsbilanz:
P_Verlust_tot = P_Wärme+ P_Reibung + P_Antrieb
Bei Industriemotoren höherer Leistung ist die Arbeitsleistung typischerweise
viel grösser als die Leistung, die durch Reibung und Wärme verlorengeht,
bei manchen Modellmotoren jedoch nicht, da diese eine sehr hohe Leistung
innerhalb einer kurzen Zeitspanne abgeben müssen (Bsp. Flachbahnrenner)
und über die Hälfte der zugeführten elektrischen Energie in Form von Wärme
umgesetzt ("verheizt") werden kann. Bei solchen Modellen ist das Motorgewicht
ebenfalls mitentscheidend, da die zu beschleunigende Masse (Totalgewicht
des Rennfahrzeuges) die Beschleunigung beeinflusst (Sie kennen das sicherlich
vom Fahrradfahren). Für ein Nutzfahrzeugmodell steht jedoch nicht geringes
Gewicht und maximale Antriebsleistung innerhalb kurzem Zeitraum, sondern
möglichst geringe Verluste und lange Fahrzeiten im Vordergrund. Das Gewicht
des Antriebsmotors ist als zweitrangig einzustufen.
Diese Aussagen haben für das sogenannte stationäre Verhalten des
Gleichstrommotors Gültigkeit, welches durch eine stationäre Kennlinie
dargestellt wird. Da unser Gleichstrommotor jedoch immer wieder in seiner
Drehzahl und Belastung verändert wird, ist das sog. dynamische Verhalten
für uns ebenfalls von grosser Wichtigkeit, da von praktischer Bedeutung.
Die für uns wichtigen Punkte sind die sog. Drehzahl-Drehmomenten-
Kennlinien (Drehzahl in Abhängigkeit des Drehmomentes) und die sog.
Ankerstrom-Drehmomenten-Kennlinien (Drehmoment in Abhängigkeit
von Ankerstrom). Wir wollen wissen, wie sich unser zukünftiger Gleichstrommotor
in unterschiedlichen Fahrsituationen verhält; sich also Drehmoment und
Stromverbrauch bei unterschiedlichen Belastungszuständen verhalten.
Im nachfolgenden Beispiel (Bild 7) ist ein dynamisches Verhalten grafisch
dargestellt.
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Bild 7: (Quelle: Author)
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Hat das angelegte Drehmmoment [M] den
Wert Null (da wo sich die beiden Achsen schneiden), nennt man diese Drehzahl
'Leerlaufdrehzahl' [no]. Diese Angabe findet man oft auf Verpackungen
oder Hochglanzprospekten. Leider sagt uns diese herzlich wenig, da unser
Motor immer mit einem Drehmoment belastet ist - und sei es "nur" durch angeflanschte
Getriebe, die bekanntlich mechanische Verluste haben, also dem Motor einen
mechanischen Widerstand entgegensetzen (sog. 'angelegtes Moment'). Folgt
man der Drehzahlkennlinie nach rechts, nimmt das angelegte Drehmoment zu
und der sog. Drehzahlabfall des Motors tritt ein. (= Verringerung
der Drehzahl).
Bild 7 a) zeigt den Drehzahlverlauf in Abhängigkeit
des angelegten Drehmomentes [M] sowie die Zunahme des aufgenommenen Ankerstromes
[I_Anker]. Wir sehen in diesem Beispiel, dass auch bei steigender Belastung,
der Drehzahlabfall relativ gering ist. Der Fachmann würde sagen, die Charakteristik
eines solchen Motors ist "hart". Des weiteren ist auf Bild 7 a) die Stromaufnahme
ersichtlich. Sie ist Null bei Drehmoment Null (dieser Punkt ist ausserhalb
der Grafik in Bild 7) und steigt mit zunehmenden Drehmoment in unserem
Beispiel relativ steil an.
Bild 7 b) zeigt dasselbe wie Bild 7 a), jedoch sind
zwei Stromverläufe gezeichnet: I_Anker_1
und I_Anker_2.
I_Anker_2 ist ein Beispiel für einen Gleichstrommotor mit geringerem magnetischen
Fluss. (Der magnetische Fluss ist vom verwendeten Magnetwerkstoff abhängig.)
Teure (= da selten oder komplex in der Herstellung) Magnetwerkstoffe haben
eine grosse Flussdichte und weisen in unserem Beispiel (I_Anker_1)
eine geringere Steigung des Stromverlaufes auf. Billige(re) Magnetwerksoffe hingegen
besitzen einen geringere Flussdichte auf und dadurch eine grosse Steigung
im Stromverlauf (I_Anker_2).
Was das in der Praxis bedeutet, sagt uns Bild 7b):
Liegt bei "Billigmotoren" ein grosses Drehmoment am Motor an, so nimmt die
Stromaufnahme stark zu, im Gegensatz zu Motoren mit hochwertigen Magnetwerkstoffen,
wo die Stromaufnahme weniger stark ansteigt. Ein Modell, welches also ständig
mit hohen Drehmomenten am Motorabtrieb (!) konfrontiert wird, nimmt in Abhängigkeit
des verwendeten Magnetwerkstoff unterschiedlich hohe Ströme auf. Wir können
also folgende Schlussfolgerungen daraus ziehen:
Der Einsatz eines (oft teuren) Gleichstromotors mit höherwertigem Magnetwerkstoff
ist demzufolge nicht notwendigerweise das Mass aller Dinge das
eine niedrige Stromaufnahme garantiert. Sorgt man dafür, dass das
angelegte Drehmoment möglichst klein ist, erreicht man unter Umständen
mehr; einen Betrieb mit "erträglichem" Stromverbrauch.
Genügt nämlich bereits ein niedriges Drehmoment (Bsp. M_A) um unser Modell
fortzubewegen (Bsp. unter Verwendung eines hochwertigen, sinnvoll abgestuften
Getriebe), so kann auch mit einem Gleichstrommotor "von der Stange" ein
akzeptabler Stromverbrauch erreicht werden, da wir uns beim Betrieb des
Modells nahe der Nenndrehzahl [no] bewegen. (Vergleichen Sie hierzu die
Schnittpunkte von I_Anker_1 und I_Anker_2
mit den beiden Momenten M_A und M_B: Sie stellen fest, dass bei M_A die
Differenz zwischen I_Anker_1 und
I_Anker_1 relativ gering ist. In
diesem Fall würde sich die Anschaffung eines teureren Elektromotors mit
höherwertigen Magnetwerkstoffen kaum lohnen.)
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7. Die Drehzahlstellung ("Drehzahlsteuerung")
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Mit
Gleichstrommotoren kann man (abhängig von der Auslegung / Konstruktion)
problemlos beliebige Drehzahlen einstellen /
erreichen. Über folgende Grössen kann die Drehzahl verändert werden:
- Ankerspannung U_A
(sog. Spannungssteuerung)
- Hauptfeldfluss '&eta' - sprich "Fih" (sog. Feldsteuerung)
also quasi die "Stärke" des Magnetfeldes
- Ankerwiderstand R_Anker(sog. Widerstandssteuerung)
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Spannungssteuerung
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Die Ankerspannung [U] ist für uns eine regelbare Grösse, mit welcher
die Drehzahl geregelt werden kann. Wichtig anzumerken ist, dass der (Anker)Strom
unabhängig von der angelegten Spannung ist. Der Motor bezieht durch
seine Wirkungsweise quasi automatisch die notwendige Stromstärke der Energiequelle.
Dies im Gegensatz zu einer Verbrennungsmaschine, welche "von aussen" immer
mit einer, der Belsatung entsprechenden, Teribstoffmenge "gefüttert"
werden muss (Bsp. Hirn - Fuss - Gaspedal - Vergaser oder Einspritzpumpe
- Treibstoffzufuhr - Abgabeleistung verändern).
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Feldsteuerung
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Bei dieser Methode wird der magnetische Hauptfeldfluss ['Phi'] verändert.
Logischerweise ist dies nur dann möglich, wenn das Hauptfeld mittels Erregerwicklungen,
also nicht mittels Permanentmagneten, erzeugt wird. Bei Modellmotoren
ist der magnetische Hauptfluss konstruktionsbedingt gegeben (Dauermagnete
mit konstantem magnetischen Fluss) und kann (vom Käufer) nicht verändert
werden. Trotzdem sei an dieser Stelle nochmals auf Bild 7 b) hingewiesen,
in welchem die Stromaufnahme in Abhängigkeit vom magnetischen Hauptfluss
dargestellt ist. Je höher der magnetische Fluss, desto geringer die Stromaufnahme
bei konstant gleichbleibendem Moment.
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Widerstandssteuerung
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Die Widerstandssteuerung trifft man oft bei Modellbausätzen an. Dabei liegt dem Bausatz ein,
mittels Servo bedienbarer, verstellbarer Widerstand bei. Dieser ist in Serie mit dem Elektromotor geschaltet und bei Stromfluss fällt über diesem
eine Spannung nach dem ohmschen Gesetz U = R * I ab und über dem Motor liegt eine um diesen Betrag niedrigere Spannung an. Dabei wird die "unbenötigte"
Energie in Form von Wärme "vernichtet" (Prinzip Elektroheizung). Wir erinnern uns an dieser Stelle, dass ein Gleichstromotor immer
"selbständig" diejenige Stromstärke bezieht, die für die Überwindung des angelegten Drehmomentes notwendig ist. Die Spannungverringerung über dem Motor führt also
nur zu einer Verringerung der Drehzahl, nicht aber zu einem geringeren Stromverbrauch. (Also spielt es bei einer solcher Art der Drehzahlsteuerung eigentlich keine Rolle,
ob Sie immer Vollgas oder nur Dreiviertelgas fahren.)
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